Weihnachten in Corona-Zeiten

Dieses Jahr ist sehr speziell, die ständigen Einschränkungen zehren an den Nerven, nicht zu wissen, was wir eigentlich planen können, ist sehr unbefriedigend und auf Dauer haben wir das Gefühl, in einer Art Langzeit-Depression zu leben, ohne unsere Wut darüber loswerden zu können, denn: wie verhaut man ein Virus?

Und jetzt auch noch Weihnachten!

Alle Familien haben da ihre festen Rituale: Die Tage sind genau getaktet mit den verschiedenen Besuchen in der Verwandtschaft, die großen Familientreffen haben ihre festen Zeiten und Abläufe, oft steht schon seit Jahren fest, was es zu essen gibt, manchmal gibt es geheime Listen, worüber nicht gesprochen wird, damit es keinen Streit gibt. Ja, es soll sogar Streitereien geben, die auch zum festen Ablauf gehören und von denen alle wissen, dass sie kommen. Wir erinnern uns an Loriot: „Früher war mehr Lametta!“

Und in diesem Jahr: Lockdown! Alles anders. Und für viele Menschen heißt das: in diesem Jahr sehr allein. Großeltern sollen geschützt werden und werden nicht besucht. Familientreffen, oft die einzigen im Jahr, werden abgesagt. Und selbst die sonst üblichen Streitereien werden plötzlich vermisst. Wer mit Eltern und Geschwistern zusammenlebt, hat noch Glück. Wer allein lebt, ist in diesem Jahr so alleine, wie wahrscheinlich noch nie.

Ist das ein Weihnachten zum abgewöhnen?

Nun, von dem Kern von Weihnachten geht durch den Lockdown nichts verloren. Und ein etwas anderer Blick auf die Krippe, nicht so durch die idyllische Brille, kann zeigen, dass wir es gar nicht so schlecht haben. Der Stall war garantiert nicht geheizt, eine Dusche gab es auch nicht und die Toilette war der Misthaufen draußen vor der Tür. Und die Hirten, die als erste davon erfuhren, hatten es nie idyllisch. Das waren keine Hirten wie auf Postkarten aus der Lüneburger Heide. Diese Hirten lebten immer im Dreck und der Rest der Gesellschaft hielt immer großen Abstand, denn sie lebten nicht nur bei den Ziegen und Schafen, sondern sie stanken auch wie Ziegen und Schafe. Da gab es nicht immer frische Wäsche, wenn sie wollten, die schon auf zwanzig Meter nach Weichspüler roch wie eine frische Blumenwiese im Frühjahr.

Wir haben geheizte Wohnungen, fließend warmes und kaltes Wasser, und solange die Waschmaschine heil ist und der Herd den Geist nicht aufgibt, der Staubsauger läuft und die Toilette nicht verstopft ist und der Strom aus der Steckdose kommt, geht es uns eigentlich gut. Jedenfalls sehr viel besser, als den meisten Menschen in der Welt – auch heute.

Und die eigentliche Botschaft Gottes mit der Geburt seines Sohnes, die bleibt. Und sie soll gerade auch da gelten, wo Menschen es nicht so guthaben: Es gibt keinen Ort in dieser Welt, für den sich Gott zu fein wäre. Jeder Mensch in dieser Welt soll wissen, dass Gott ihm nahe sein will. Und die Würde, die damit jedem Menschen geschenkt wird, sie soll uns gerade dann stark machen, wenn Menschen uns schwach und unwürdig finden und uns auch so behandeln.

Die Probleme sind damit nicht einfach weg. Auch Corona nicht. Aber einer der Sprüche, die uns seit Beginn der Pandemie weltweit begleiten, ist die Weihnachtsbotschaft in Kurzform: Leave noone behind. Niemanden zurücklassen. Und wer sich vergessen und abgehängt fühlt, kann mit Gott auf seiner Seite sagen: Friede auf Erden bei den Menschen, die tun, was Gott gefällt.

Weihnachten ist anders, als wir es kennen und lieben.

Aber Weihnachten bleibt gesegnet.                                                                                                      

Ihr Pastor Jörg Wolke


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